Im Januar führte Kornelia Masur das Märchen von Frau Holle erstmals im Tübinger Christiane-von-Kölle-Stift auf. Die Bewohnerinnen und Bewohner freuten sich über eine gelungene Premiere.
„Ach, zieh mich raus, zieh mich raus, sonst verbrenn ich: Ich bin schon längst ausgebacken“, jammert das Brot aus dem Ofen. Goldmarie hält dem Publikum den langen, alten Brotschieber entgegen, und zwei Bewohnerinnen schieben ihr das imaginäre Brot zu. Theaterpädagogin Kornelia Masur ist es wieder wunderbar gelungen, ihr Publikum miteinzubeziehen und zum Mitmachen zu bewegen.
Ende Januar war die Theaterpädagogin aus Stuttgart im Tübinger Christiane-von-Kölle-Stift zu Gast. Mit im Gepäck hatte sie das Märchen von Frau Holle, das in Tübingen seine Premiere feierte. Masur ist bereits mit zwei anderen Märchen im Kölle-Stift aufgetreten, und auch dieses Mal hat sie gekonnt Elemente in ihr Spiel integriert, die an die Lebenswelten der Menschen anknüpfen und ihre Erinnerungen anregen. So las Goldmarie aus einem Brief mit Sprüchen aus einem alten Poesiealbum vor, die einige Bewohnerinnen und Bewohner gleich mitsprachen. Auch das Rätselquiz, mit dem die Theaterpädagogin auf die Aufführung einstimmte, weckte Erinnerungen. „Zwei Kinder stehen allein im Wald …“ – und schon summte eine hochbetagte Bewohnerin das Lied von Hänsel und Gretel.
„Wem Gott die rechte Gunst erweisen“: Alle Bewohner stimmten in das Lied ein, das Goldmarie auf ihrer Reise zu Frau Holle sang. So beeindruckend die Kulissen waren (von der fröhlich-bunten Blumenwiese bis zum Haus von Frau Holle), so gekonnt, zugewandt und originell das Spiel von Kornelia Masur und so stimmig die musikalische Untermalung war -¬ das Schönste und Bewegendste waren die Reaktionen der Bewohnerinnen und Bewohner: Still, gebannt - viele mit einem Lächeln im Gesicht - verfolgten sie das Spiel, als ob sie sich selber auf einer Blumenwiese befänden. Zur Erinnerung an diesen gelungenen Nachmittag bekam jeder eine „Schneeflocke“ von Frau Holle geschenkt: eine kleine, weiße Feder. Und als zum Abschluss der Schneewalzer erklang, erhob sich gleich ein Paar zum Tanz.
„Es ist immer wieder schön zu sehen, wie auch bei Menschen mit Demenz Erinnerungen wachgerufen werden und wie aufmerksam sie dem Geschehen folgen“, sagt Gertrud Rahlenbeck. Die Ehrenamtskoordinatorin des Christiane-von-Kölle-Stifts hatte Kornelia Masur und Frau Holle nach Tübingen eingeladen.
Text: Sigrid Wenzel