Die zündende Idee zur Impf-Aktion im Samariterstift Gärtringen kam von der FLÜWO Stiftung. Mit dem genossenschaftlichen Gedanken im Hintergrund ist es der Stiftung der Wohnungsbaugenossenschaft FLÜWO Bauen Wohnen eG mit Hauptsitz in Stuttgart-Degerloch gelungen, mehr als 160 Gärtringer Bürger:innen mit Impfungen zu versorgen. Lediglich knapp zwanzig Personen warten gegenwärtig noch auf ihre zweite Impfung. Alle anderen sind ‚durchgeimpft‘ und geschützt. Die Diakoniestation im Samariterstift Gärtringen hatte bei der Aktion alle Hände voll zu tun und war wortwörtlich Tag und Nacht dafür im Einsatz. „Das war die beste Idee des Jahrhunderts“, lobt der 88jährige Knut Najmann, der dank des FSJlers Lucas Lang Rundum-Versorgung genießen kann. Sicher und pünktlich wurde er von Lucas zum Termin ins Impfzentrum nach Tübingen gefahren.
Die FLÜWO Bauen Wohnen eG wurde am 6. August 1948 gegründet, um die Wohnungsnot nach dem Zweiten Weltkrieg zu lindern. Im Jahr 2018 kam die FLÜWO Stiftung hinzu. Sie ist eine der Säulen im Bereich Soziales der Wohnungsbaugenossenschaft. Mit ihrem außergewöhnlichen Hilfsangebot rund um die Themen Wohnen, nachbarschaftliches Zusammenleben und Quartiersentwicklung ist sie deutschlandweit die erste ihrer Art. Nachbarschaftliche Strukturen werden von ihr aufgebaut und unterstützt. Zusätzlich bietet die Stiftung Menschen individuelle Unterstützung an. „Wir haben festgestellt, dass beim Impfen in der Region viel zu wenig an die Senior:innen gedacht wurde, die mit Einschränkungen zu Hause sitzen und sich außerordentlich schwer tun, überhaupt einen Impftermin zu bekommen”, berichtet Magdalena Heinrichs, Stiftungsreferentin. Sie hat sich an die Samariterstiftung gewendet und gemeinsam mit dem Quartiersmanager Andreas Schlegel ausfindig gemacht, wo und bei wem innerhalb der Stiftung eine Impfaktion für betagte Bürger:innen Sinn macht.
So sind in Gärtringer Menschen wie die 80jährige Helma Götz und ihr Mann Fritz in den Genuss gekommen, erstens einen Impftermin zu erhalten und zweitens vom FSJler Lucas auch noch nach Stuttgart ins Robert-Bosch-Klinikum gefahren worden zu sein. Denn, das war das Besondere: es gab das Rundum-Sorglos-Paket! Unterstützung bei der Orientierung durch den Dschungel an Papier, Vorschriften und Belege, Ausfüllen sämtlicher notwendigen Unterlagen und Vereinbarung des Impftermins. Und wer dann Hilfe benötigte, wurde zudem zum Impfort chauffiert. Die FLÜWO Stiftung unterstützt die Aktion finanziell.
„Es war schon eine Mammutaufgabe”, erzählt Silke Blindenhöfer, zuständig für das nachbarschaftliche Miteinander und die Quartiersarbeit rund um die Diakoniestation. Jeder Impfwillige musste wegen der Infektionsgefahr alleinig zum Termin gefahren werden. Auch die Suche nach dem Impftermin war nicht ohne. „Ich habe mich nachts drangesetzt”, erzählt Luca vom Freiwilligendienst. Unterstützung gab es bei der Suche nach den Impfterminen auch vom PC-Club, in dem sich ehemalige IBMler, geübt im Umgang mit Computer und Maus, ans Werk machten. “Ich war ganz perplex, als ich von der Aktion gelesen habe”, sagt Knut Najmann. Er selbst habe am PC versucht, einen Termin für sich zu bekommen. Unmöglich! Aber auch das Telefon war nach der Veröffentlichung ‘ewig und drei Tage’ besetzt. „Als ich dann durchgekommen bin, habe ich mich sehr gefreut.”
Bei der ersten Fahrt war bei allen noch ein bissle Aufregung im Spiel. „Für mich als gebürtiger Gärtringer war es allerdings einfach, Gesprächsstoff zu finden, und die Situation zu entspannen”, erzählt Klaus Donath. Er ist ehrenamtlich im Samariterstift tätig und hat unzählige Fahrten nach Stuttgart, Tübingen, Sindelfingen und andernorts gefahren. „Beim zweiten Mal war unsere Impffahrt dann schon ziemlich entspannt und kam wir vor wie ein kleiner Ausflug”, lacht Helma Götz.
Doch nicht nur die Fahrten ins Umland zum Impfen haben viel Lob geerntet. Etwa 80 Gärtringer Bürger:innen kamen im Haus der Samariterstiftung selbst unter die Nadel. Zehn Mitarbeitende aus der Diakoniestation waren fünf Stunden lang voll im Einsatz, um alles reibungslos zu managen. Die Impfaktion ist übrigens der Einstieg in die Quartiersarbeit der Samariterstiftung in Gärtringer gewesen. Kern des Quartiersansatzes der Stiftung ist ein Beratungsangebot für Menschen, die Unterstützung benötigen, und deren Angehörigen und Freunde. Ziel ist es, ein Netzwerk für den einzelnen älteren oder behinderten Menschen zu schaffen, im Rahmen dessen er trotz seiner Einschränkungen im gewohnten Wohnumfeld verbleiben kann. Außer professionellen Angeboten gehören die nachbarschaftliche Unterstützung und die ehrenamtliche Beteiligung zum Netzwerkgedanken des Quartiers. In Gärtringen soll zukünftig ein spezielles Angebot für demenziell erkrankte Menschen erarbeitet werden. Ein Demenz-Café mit Begegnungsmöglichkeiten soll dafür ausgearbeitet werden. Im Übrigen sucht Silke Blindenhöfer für beides im Moment noch geeignete Räumlichkeiten.